mixtape

 

 

Früher war alles...

Eben. Und mit diesem "früher" verbinde ich neben vielen anderen Dingen, die sich mitunter drüben  im "Freischwimmer"- Becken tummeln, auch und sehr gerne die gute alte Tradition der Mixtapes:

Zu jedem passenden und mindestens so vielen unpassenden Anlässen wurden Kassetten (!) zusammengestellt, als Soundtrack unter einem Fest, einer Phase, einem Gefühl.

Ich liebe Mixtapes, vor allem die meines Bruders (den ich auch liebe) haben mein Leben so oft mit dem passenden Rhythmus und so mancher erhellenden Textzeile versorgt. Bis heute kann ich mir kein persönlicheres und schöneres Geschenk vorstellen.

Mittenrein ins "Mixtape- Herz", wie Casper es so passend nennt. Nun ja, Kassetten sind nicht mehr so ganz State Of The Art, aber die Idee lebt weiter: 

 

Als Playlist, die zwar nicht mehr so herrlich leiert, wie damals, wenn sie im Autokassettendeck in liebevoller Endlosschleife lief, aber trotzdem Begleiter sein kann, Erklärer, Verklärer oder einfach nur Unterton.

Seit einiger Zeit erstelle ich mit zwei großartigen Freunden in unregelmäßigen Abständen solche Playlists. Die Themen sind dabei unterschiedlich und schillernd, die Zyklen unseres kreativen Schaffens wechseln zwischen manisch- unentwegt und homöopathisch,  aber spätestens zu unseren epochalen "Adventskalendern" sind wir dann alle drei wieder Feuer und Flamme und beschenken uns reichlich. Das ist wunderbar!

Dadurch sehr inspiriert stelle ich hier meine eigenen Listen vor und aus.

Schaut euch um,  hört rein und denkt dran (und schon wieder Casper): "Alles endet, aber nie die Musik!".

 

(Bitte beachten: Die hier gesetzten Links leiten zu YouTube weiter)


Was zum Schmusen

Gerade neulich stand ich unter infamem Verdacht: Ich hätte bei einem sehr gemütlichen Zusammensein einfach eine „Schmuse- Liste“ unbemerkt in den Laptop geschleust. Frechheit, echt.

Naja, das Dargebotene gab der Anklage durchaus recht, eine Wahnsinns- Schmonzettenparade ging da auf härtesten Kuschelkurs, die Föhnfrisuren flatterten in der Windmaschine. Engtanz ahoi!

Ich konnte später aber in allen wesentlichen Punkten für „nicht schuldig“ befunden werden, sowas kann YouTube auch ganz ohne mich…. 

Und doch war ich entzückt, denn da war sie, die nächste „Listen- Idee“ nach echt echt langer Zeit.

Meine Damen und Herren, dann also hier doch noch:

Vermutlich das Schnuffeltuch unter meinen Playlisten, allesamt Garanten für klammen Körperkontakt und allerletzte Weinschorlen am Küchentisch, tiefe Blicke inklusive.

Aber vor allem: Großartige Songs, die zwar schmusig, in keinem Fall aber schmierig daher kommen, herzlich, nicht harzig.

Oder, ums rund zu machen: Hier ist sie dann doch noch, meine „Schmuse- Liste“ ! 

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1.  Paul Weller- You Do Something to Me

Hach, das Paulchen, auch das kann er… Ein fast schon abgeklärter Song über das, was da „deep inside“ einschlägt und so wundervoll ist. Ein Song zum Seufzen und gleichzeitig so scheißcool, wie es nur der Herr Weller kann. Die Sing- Along- Zeile sollte aber zum Start in Kuschel- Abend und –Liste dicke reichen….

 

2. Nick Cave & The Bad Seeds- Into My Arms

Form und Inhalt im Einklang. Das ist Schmusen im Schmusen im Schmusen. N bisschen düster, aber auch sehr, sehr gefühlig. Und deshalb auf der Liste. Und weil´s super ist. 

 

3. Amy Winehouse- All My Lovin´

Amy covert die Beatles. Schon per se was zum Knutschen. Und tut´s dann mit dieser grenzkaputten Fragiltät und diesem verhuscht- größenwahnsinnigem Soul und mit so so viel Power. Wieso sollte da irgendwer die Augen offen lassen?

 

4. Bon Iver- Holocene

Ja, ne Schmuse- Liste könnte auch sehr, sehr gut nur von Bon Iver bestritten werden. Das kann der Herr Vernon.  Gut so! Ist dann jetzt diese Nummer geworden? Wieso? Einfach so…

 

5. Iron & Wine- Naked As We Came

Was soll ich sagen? Hört´s euch an. Wer da nicht schmust, ist…. aus Eisen, vermutlich. Eine Liebeserklärung an die Verbundenheit über das Leben hinaus. So pur, so tief, so elementar. Bämm.

 

6. Smashing Pumpkins- Disarm

Entwaffnend, so kann Musik sein, so kann Schmusen sein. Sicher ein Song zum Kontakt von reiferen Menschen, mit Ecken, Kanten, Wunden und Geschichten. Dass die dann weniger schmusen würden, ist ein übles Klischee. Wieso auch?

 

7. Freundeskreis- Mit Dir

Ein Übergangssong. Vom Schmusen in das „Bisschen mehr als Freundschaft“, Zweifel und Haken inbegriffen. Aber, jetzt mal ehrlich: Sind Schmuse- Listen nicht immer auch Grenzgängerlisten? Eben. Und dann doch lieber Joy und Max zuhören als irgendwem Dahergelaufenen…

 

8. Bob Marley- Stir It Up

Ob der gute Bob hier ans Schmusen im engeren Sinne gedacht hat? Hüstel….. Sei es, wie es sei: Nen großen Song für innige Zweisamkeit hat er in jedem Fall vorgelegt.  Für schwüle Nächte, tät ich tippen…

 

9. Coldplay- Yellow

Schmusen goes Stadion. Klingt grotesk? Ist es nicht. Ist Coldplay. Als sie noch gut waren. Mein Gott, was fürn Schmachtsong… Mein Gott, was fürn Volltreffer. Schmust!

 

10. Heather Nova- What A Feeling

Wow. Willkommen im Bermudadreieck. Jetzt wird´s ernst. Oder tief oder heftig oder kompliziert. Oder alles. In jedem Fall schmusig

 

11. Daughter- Smother

Daughter können melancholisch  elfenzart. Ja, unter dieser Schmusigkeit liegt etwas Geheinmisvolles, Schmerzhaftes, hier ist vielleicht dieses Schmusen nach dem großen Knall gemeint, die Wiederentdeckung der Nähe nach der gemeinsamen Landflucht. Macht den Song auf gar keinen Fall kleiner. Oder ungeeigneter. Nur pathetischer. Und das soll ja nicht schlecht sein...

 

12. The Album Leaf- Wherever I Go

Tja, The Album Leaf, ich habe einen ziemlich strengen Kitsch- Seismographen in mir, der hier aber nie anschlägt. Die können es. Das ist textlich jetzt mal absoluter Schmuse- Steilpass, Liebeserklärung mit Schorf auf den Knien und Rose im Mund. Und doch geht´s so leicht und ehrlich, dass ich nur denke: So will ich Schmusen erleben. Im Moment, ehrlich und immer kurz vor Kitsch. Sensationelles Album, by the way!

 

13. Björk- Joga

5 Minuten freier Fall. Gehalten werden. How beautiful to be.

 

14. Amiina- Glámur

Island, die Zweite. So klingt wohl Schmusen bei Trollen oder Elfen oder sowas. Musik zum Liegenblieben, wenn die Schneedecke auf deiner Höhle liegt.Schrullig, zart, ursprünglich. Und so gemütlich.

 

15. Sigur Rós- Olsen Olsen

Dreimal ist Islands Recht. Die Jungs sind eine Ausgeburt an Gefühl, das Video (aus dem großartigen "Heima", wo die Band nach ellenlanger Welttour nach Hause kommt und an besonderen Orten besondere Songs spielt) und die Version runden den Song total ab. Ruhig, gelassen, kraftvoll, auf den Punkt. A fucking beauty. Und wer will mit sowas nicht schmusen?! Eben.

 

16. First Breath After Coma- Knivet

Das ist Postrock auf U2- Basis und hat damit den Pathos vom einen und die poppige Souveränität vom anderen. In, wie ich finde, optimalem Mischungsverhältnis. Probiert´s aus: Wenn nicht geschmust wird, gibt´s Geld zurück. Von U2.    

(der Link führt "leider" zum ganzen Album. Track 5 ist "Knivet" [ca. bei 14:49], aber wenn ihr´s komplett hört, merkt ihr: da gibt´s noch mehr zu Schmusen)

 

17. The Cure - A Letter To Elise

Ich bin offensichtlich so der Robert Smith- Kuscheltyp (auweia, das klingt nicht so taufrisch und kerngesund), weil für mich die Schmuseliste auch gut ne reine Cure- Liste sein könnte…Wird sie nicht, aber die Nummer ist ein „must have“ in Schmusestan. Ist zwar, glaub ich, eher son „Zurückhaben“- Brief, den der gute Bob da hinjammert, aber die Art und Weise ist schwer Infight- kompatibel. Streichelrhythmus, tränenfeuchte Mitsingpassagen, das ist langsamer Walzer mit Augenkontakt, eine Melancho- Hymne. Wunnerba!

 

18. Adele- Lovesong

Ja, ist ja schon gut, ein ziemlich schlecht getarntes Cure- Uboot. Aber ein großartiges. Als geouteter Adele- Fan, was für ne  Stimme, zudem so erdnah und handfest mit ner herrlichen Selbstironie, die Dame, ist das noch nicht mal ein fauler Kompromiss, sondern absolute  Überzeugungstat. Großer Song einer großen Sängerin. Für große Gefühle. Im Kleinen. Und Nahen.

 

19. Eddie Vedder- Society

Eddie´s goldenstes Album, ihr wisst.... Und was für ein samtener Song. Schmusig, wie er da die Gesellschaft geißelt und aussteigt. Sicher nicht, ohne seine Herzensmenschen noch einmal zu umarmen. 3:56 Minuten lang.

 

20. David Bazan- Strange Negotiations

Zugegeben, ziemlich biografisch aufgeladen, weil natürlich gibt´s im Americana- Regal ein Dutzende derart schmusiger Songs. Bazan ist  so rauh und totzdem weich und ich hab ihn diesen Song in nem saugemütlichen Saal singen sehen, die Soundanalage fiel aus, er stellte sich kurzentschlossen an die Bühnenkante mit seiner zu kleinen Gitarre  und drückte das Ding pur und urwüchsig an die Raumdecke. Einfach so. Und der Saal schmuste…

 

21. Dan Mangan- Robots

Robots need love, too. Und Schmusen. Und endlose Mitsing- Duette, wenn die Musik längst weiter gezogen ist. Ein so zärtlicher Song, dass ich schon beim Schreiben dieser Zeilen in so nem schlimm schmusigen Gefühl versinke. Und ich bin dabei noch nicht mal beim mitreißenden SingAlong- Ende ankommen….

 

22.  The Notwist- Gone, Gone, Gone

Ja, textlich nicht so der mega Schmuser, irgendwie geht´s ums Gehen und Kommen und darum, nicht Loszulassen, es ist wohl ein Song über Distanz und Nähe und damit dann doch wieder voll drin im Thema. Denn die Nummer kann so lange, wie sie will „Gone, Gone, Gone“ heißen, sie sagt in ihrer Weichheit, Entschiedenheit und Schlichtheit nichts als: „Bleib!“. Und was könnte schmusiger sein, vor allem, wenn es dir die Sensationskönner von Notwist dermaßen pur ums Maul schmieren?  

Und außerdem ein wunderbarer Zumacher, sofern man das bei ner Schmuse- Liste überhaupt will…



Das Insel- Experiment

... neulich wollte ich für eine Party meine "Top 100" zusammen stellen. Es wurden 274 (!) Titel.Umso ambitionierter die Idee, hier einen Klassiker unter allen Mixtapes zu starten:

"Wenn du auf einer einsamen Insel stranden würdest...", ihr versteht...

Und es steckt eben GENAU EINE Kassette in der Tasche meiner Rettungsweste, also die Liste darf insgesamt maximal 90 Minuten laufen. Dies sind also nichts anderes als (über)lebenswichtige Songs für mich, da sind Doppelungen zu hier schon gespielten Nummern weder tragisch, noch zu vermeiden. Hier gehts schließlich um Tod und vor allem... um Leben!

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1. Björk- Anchor Song

Tja, dieser Song ist wirklich ein Anker für mich. So besonders, leicht schrullig, zugleich so voller Tiefe und Poesie und ziemlich viel Wasser. Ein Song vom Ankommen und zur Ruhe kommen. Ein würdiger Einstieg in einen Kassette, die ein emotionales "Land in Sicht" sein soll.

 

2. Braid- Killing A Camera

Zu dem Song ist im Prinzip von mir alles gesagt: Einmal gehört und dann war für immer klar: Der muss überallhin mit. Die ersten Akkorde hauen auch beim x-ten Male jedesmal hin und rein, jede der zahlreichen Tempoverschleppungen und -änderungen ist nach wie vor aufregend und gleichzeitig vertraut. Kurzum: Der Song nimmt mich mit. Und ich ihn. Auch auf jede Insel...

 

3. The Notwist- Nothing Like You

Ja, dass die Jungs aus Weilheim mit auf die Insel müssen, ist klar. Nur welcher Song? Die "Neon Golden" ein Meisterwerk, könnte komplett mit, die "The Devil, You And Me" ist in meinem Herzen und Bauch  sogar noch n bisschen weiter vorne... Und dann wirds doch diese Uraltnummer. Musikalisch nicht das höchste Acher- Regal, aber emotional voll aufs Maul. Ein Song voller Sehnsucht und Kraft, voller Liebe und Mut, diese zu gestehen. Zudem auf dieser Liste auch einer der nach- vorne- Songs, irgendwie zuversichtlich... Was könnte es besseres geben auf so ner einsamen Insel?

 

4. BAP- Do Kanns Zaubere

Ja. Ich war selbst sehr überrascht. Ich nehme BAP mit?! Bin doch weder Kölsch- noch Deutschrocker. Aber auch nach der fünften Strichfassung, bei der so mancher Edelstein über Bord musste, war dieser Song immer noch an Deck. Wieso eigentlich? Eine poetische Flaschenpost auf einem "wieß Blatt Papier", zudem ein ehrlich ehrliches Liebeslied. Also alles angerichtet für einen Ort, von dem man sich sicher das ein ums andere wegverlieben möchte....

 

5. Chuck Ragan- Do What You Do

Ach, der Chuck, Hot Water Music mussten weichen, aber (mehr als) n bisschen was bleibt. Nicht nur wegen der niederknieenswerten ersten Zeile, die mich zu Tränen rühren und gleichzeitig so wunderbar kraftstrotzend ist wie Chucks Organ. Und in tiefer Einsamkeit- und die erwarte ich fast trivialerweise auf nem verlassenen Eiland- ist die Botschaft, zu tun, was man eben tut, sicher eine gute Überlebensstrategie. I don´t like being alone unless I feel alone. Es geht also, wie so oft, ums Fühlen. Und da kennt der Chuck was von. Wie man hören kann!

(für die Statistiker unter euch: Ich habe nur die reine Songdauer berechnet, die 7 Minuten Meeresrauschen habe ich großzügig abgezogen, da kriege ich sicher noch genug von im Taka- Tukaland)

 

6.  Glasvegas- Geraldine

Der muss mit. Und zwar in der sehr puren Version aus einer Daytrotter- Session (der das verlinkte Video zumindest nah kommt). Melancholisch, zugleich rau und zart, ein Song zum Schwelgen, Träumen und vor allem Mitsingen. In meiner Vorstellung dämmert es auch nach nem Schiffbruch mal romantisch über Palmenhainen oder so. Und dann sitzt da eben "an angel on my shoulTer". Mit T, weil schottisch. Großer Song!

 

7. Wir Sind Helden- Ein Elefant Für Dich

Einfach zuhören, dann ist klar, was der (neben der fantastischen Singalong- Möglichkeit, die sich hier bietet, denn das geht vor allem auch SEHR laut sehr gut) Song auf der Insel zu suchen hat. Das Gefühl, die Gewissheit,  getragen zu sein, ist sicher umso unerlässlicher, je mehr die Statik der eigenen Existenz von Ozeanwellen umtost wird. Und dieses Musikstück transportiert genau das herausragend, auch am vermeintlichen Ende des Wegs. 

 

8. Casper- 20 qm

Als letzter mit auf die Insel gerutscht. Aber deshalb kein bisschen bedeutsamer. Caspers Stimme kann sicher das ein ums andere Mal das Lagerfeuer wieder anstecken. oder die Lebensgeister an einem zähen Morgen. Und die "zu eng"- Thematik könnte schon ziemlich gut zu so nem Insel- Aufenthalt passen... 

 

9. Paul Weller- Brand New Start

Auch wieder selbsterklärend: Paul Weller muss mit, The Jam bleiben schweren Herzens aufm Festland. Aber diese Nummer ist absolut hochseetauglich. Weils dem Paul und dem Universum und hoffentlich auch mir sowas von scheißegal ist, wann, wo und wie dieser Neustart stattfindet. Warum nicht auch schon hier?!

 

10. R.E.M.- The Sidewinder Sleeps Tonite

Mit der Nummer habe ich mich zum zweiten Mal selbst total überrascht. Ich bin Popper, ich mag R.E.M. durchaus, aber auf so ne Insel?! Ja, offensichtlich. Ein irgendwie gute Laune- Song mit der Stipe- typischen (und darin einzigartigen) melancholischen Rätselhaftigkeit, die ganz sanft drunter liegt. Ich kann also durch den schwarzen Sand tanzen dazu oder mit brüchiger Stimme den Vollmond ansingen. Und so entpuppt sich die vermeintliche Reminiszenz an mein mainstreamiges Popper- Dasein bei genauerer Betrachtung als total hilfreich für den Inseltripp.

 

11. Melba Moore- The Magic Touch

Ich will auch auf einsamen Inseln tanzen, als ob mich keiner sieht. Ach, tut da auch keiner?! Umso besser...

 

12. Eddie Vedder- Long Nights

Klar, von diesem Wahnsinnsalbum von Vedder (ich sagte, glaube ich, schonmal: nie, nie, nie war er m.E. stärker)  hätte ich jeden Song nehmen können, nicht nur, aber natürlich auch, wenn ich selbst in die Wildnis geraten bin:  I´ve got this light, I´ll be around to grow. Who I was before I cannot recall. Und eben genau deshalb genau diesen Song.

 

13. Mogwai- Travel Is Dangerous

Zugegeben, den Anfang machte das leicht ironische Spiel mit dem Titel. Aber darüber hinaus liebe ich diesen Song, die Mr. Beast ist unter allen großartigen Alben der Jungs für mich nochmal was Besonderes. Und der Song lässt mich gegen das gleißende Licht in der Mittagszeit bei Bedarf mit allerbestem Gewissen die Augen schließen. Dabei wird mir klar, dass am besten auch ein Kopfhörer die Havarie überleben sollte... 

 

14. Envy- A Warm Room

Bei dem Song können die Songs dann erstmal geschlossen bleiben, Envy kann ja dieses Klangteppich- Knüpfen auch ganz schön brillant. Also liege ich dann da und erinnere mich, dass der Sand auch weich und warm und nicht nur endlos sein kann, denke mich weg. In einen warmen Raum. Und bekomme zugleich eine Kraftinjektion sondergleichen, wenn Tetsuya Fukagawa alle Schleusen öffnet. Ein wunderbar klärendes Gewitter. Und schon ist die Luft rein...

 

15. Yage- Difference In Between

Zuerst die wundervolle Fortsetzung der reinigenden Entladung. Und dann: "Komm nach Haus zurück, zu mir zurück". Also die Idee, erwartet zu werden, irgendwo hinzugehören. Und das ist ganz sicher ein Unterschied, der einen Unterschied machen kann. Im Zweifelsfalle sogar den, ob das funktioniert mit diesem (Über)Leben...

 

16. Editors- The Weight Of The World

Ja, klar braucht auch der new wavge Popper in mir ´was, um Frieden finden zu können. Aber vor allem beschreibt dieser Song, dass da natürlich ne Menge Last auf uns liegt, was sich auf einer einsamen Insel sicher zwischendurch sogar noch schwerer und zerdrückender anfühlen kann. Gleichzeitig strotzt der Song nur so von Hoffnung und liefert die erschütternd einfache Erklärung auch gleich mit: Liebe. Nicht ausgelutscht, eher universal. Keep the light on those you love, they will be there when you die. Baby, there´s no need to fear....Ja dann: Komm mal lieber mit, falls ich das vergessen sollte. 

 

17. The Smihts- Please, Please, Please, Let Me Get What I Want 

Was für ein Quatsch, was für eine Verschwendung, mich für nur einen Smiths- Song zu entscheiden. Könnte ich nur eine Band dorthin mitnehmen, wären sicher sie es. Und dann doch ganz einfach. Mit kommt trotz allem riesigen Schmerz der für mich hoffnungsvollste Morrissey- Song. Und gleichzeitig die Portion Universumskontakt, die man braucht, damit Flaschenpost gefunden, Leuchtfeuer gesehen werden. Bitte.

  

18. Oasis- The Masterplan

Warum das alles funktionieren sollte? Weil das alles Teil eines größeren Zusammenhanges ist. Und weil wirs eh nicht besser wissen. Und selbst, falls ich nicht (mehr) dran glauben sollte: Dann bleibts ne unverschämt rotzige und zugleich zärtliche Britpop- Perle. Und dann könnte ich immer noch tanzen und mitsingen, wenn ich das will. Laut und stolz.

 

19. We Were Promised Jetpacks- Keeping Warm

In diesen Katastrophenfilmen gibts immer diese Deliriums- Szenen, in denen die Verschollenen wegdösen, halluzinieren. Meist mit viel Schmutz und Speichel und wenig Hoffnung. Das ist verlässlich der Punkt kurz vor der Rettung, die in der Regel in Form eines Schiffes daher kommt. Oder auch als sanfter Tod, je nach Genre und Geschmack. Zu all dem würde dieser Song passen. Spannenderweise ist das, so ich ihn recht verstehe, aber ein Song über die Wärme am Anfang des Lebens, also über Lebenskraft und Verbundenheit in reinster Form. Und auch so rum funktioniert er natürlich so wunderbar, dass er niemals zur Diskussion stand für diese Liste. Ach so: Großartig ist er auch noch... 

 

20. Texas Is The Reason- A Jack With One Eye

Schlussszene, die Zweite. Ein Abschiedslied. Ein wunderschönes. "Your place is still at the heart of my everything". Wenn Skorbut mir noch Kraft übrig gelassen hat, will das in den Sturm geschrien werden. 

 

21. Sigur Rós- Hoppípolla

Wenn es zu der Taube auf der Arche Noah nen Soundtrack gegeben hätte, dann wäre es kein anderer als dieser Song gewesen. Das hier ist pure Erlösung , hier reißen Horizonte auf, das Leben reicht die Hand und irgendwas verändert sich. Kurz vor Kitsch kommt sehr oft was Wunderbares. Sigur Rós sind dermaßen groß darin, diesen Grat auszuloten und nie, nie zu überschreiten, dass es ein Fest ist. Ach so: Und bevor du auf den panamaischen Tanker steigst, der dich da wieder wegbringt, hör den Song unbedingt laut, sehr laut, sehr, sehr laut zu Ende. Und dann tritt das Lagerfeuer aus....



Schiebedach

... also Songs wie der beginnende Frühling. Songs, die dich bei der Hand nehmen und dich mit nach draußen nehmen, ins Helle. Deine blassen Wangen röten sich und die Frühblüher zeigens dem Frost auch dieses Jahr wieder.

Songs zum Mitsingen und frisch Verlieben. Songs, die zu laut gehört gehören und bei offenem Fenster. 

Kurzum: Mitreißende Songs voller Kraft und Zuversicht.

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 1. Bobby Womack- Across 110th street

Tja, wie soll man über diesen Song schreiben, ohne in Machismo- Kategorien alá "dicke Eier" abzurutschen? Eben, gar nicht. Ein Jahrhundertsong, unglaublich sinnlich, wahnwitzig tanzbar, verdammt cool und so dermaßen sexy, dass es kracht.

Und das Besondere: Da drunter liegt irgendwie eine geheimnisvolle Melancholie , die die ganze Wucht des Songs zusammenhält und trägt, ohne, dass da auch nur ein Fitzelchen Schwere in diesen Tanzflächenschrubber käme.... Ein würdiger Starter, vollkommen Fußgängerzonentauglich!

 

2. We Were Promised Jetpacks- Quiet Little Voices

Bämm. Die Jetpacks sind seit geraumer Zeit Anwärter für den Heavy Rotation Award auf meinem Ipod. Unglaublich auf den Punkt, charmant rotzig, cool, nach vorne, voller ungestümer Kraft. Mitreißend einfach und einfach mitreißend zugleich. Dieser Song  ihres Bombast- Albums "These Four Walls" hats jetzt als vielleicht tanzbarste Nummer auf die Liste geschafft. Frühling, eben.

Sehr, sehr laut hören und dabei durch Mittelgebirgsserpentinen fahren, nachdem es einen unerwarteten Sturzregen an einem sonnigen Apriltag gab. Regenbogenmusik. Die dunkle Wolken weggröhlen. I´m young again. 

 

3. The Killers- Mr. Brightside

Das ist dann der Song für das Einkehren nach der langen sonnigen Landpartie. Wenn der Wagen stehen bleiben kann. Und das erste Pils schäumend auf der Theke steht. Nicht erst seit dem wunderbar berührenden Video aus dem irischen Pub finde ich, dass das ein herausragender Song für beim Bier ist. Der zugleich auch überall anders funktioniert. Beim Spazieren gehen, beim Renovieren,  beim Autofahren und natürlich formidabel auf jeder nur erdenklichen Tanzfläche. Es gibt so Songs, davon machste nur einen in deiner Karriere. Die Killers hätten also gut die Bude zumachen können 2004. (Wie gut, dass sie es nicht taten, da "When We Were Young" ähnlich hypnotisch funktioniert.) Mitsingen, fallen lassen, warmstrampeln mit gang, ganz, große Gesten. Und nie vergessen (der Lenz ist da!): It started all with a kiss!

 

4. Arcade Fire- Ready To Start

Ein nach- vorne- Song aus dem oberen Regal in der Feinkostabteilung. Ein Song ist, der vor Abgrenzung und Autonomiestreben nur so strotzt. Und dabei vor Energie glüht. Aggressiv, fordernd, frei. Der ultimative Song, um ´was Neues zu beginnen.Das Frühjahr, zum Beispiel...

 

5. Curtis Mayfield- Move On Up

Und schon wieder so ne coole Nummer... Diese Bongos trommeln hypnotisch, scheinen auch noch die letzten Winterdämonen vertreiben zu können. Dieser Song ist unbedingt tanzbar und wahlweise bestens geeignet für anwerbenden Engtanz oder Solo- Ausdruckstanz vom Allerfeinsten. Und wenn die Nächte noch kalt werden, wie das nunmal so ist am Anfang des Frühlings, dann rücken wir eben enger zusammen...Die Botschaft des Songs zudem energischster Aufbruch, passt also bestens: Take nothing less than the second best!

 

6. Mia.- Hungriges Herz 

Ja, der Frühling und diese Hormone, ich hab davon gelesen... Und wenn es einen fantastischen Song über - hmm, nunja-  zwischenmenschliche Nähe gibt, dann den hier. Wunderbar leicht  auf der Grenze zwischen Lust und Schmerz balancierend hat mich die Nummer unzählige Male auf die Tanzfläche gesaugt in diesen Zeiten, als alles noch so folgerichtig war. Hörte und verstand ich diesen Song früher ausschließlich sexuell, ist das für mich  (vielleicht sogar just gerade zum allerersten Mal, während diese Zeilen hier entstehen und der Song, so wie alle anderen vorher, als Soundtrack drunter läuft) genauso gut ein Song über eine sehr eingespielte Konfliktgeschichte und damit nicht mehr unbedingt frühlingshaft. Aber vielleicht gibts da gar nicht so nen großen Unterschied... Kraftvoll wie das noch junge Jahr ist der Song so oder so. Und toll.

 

7. Tocotronic- Wie wir beide nebeneinander auf dem Teppichboden sitzen 

Erstens mein absoluter Favorit von Tocotronic, zweitens Ausdruck einer Sehnsucht, wie sie nicht nur der Frühling mit seiner Lebendigkeit und auch mit seinen Erinnerungen an viele laue Abende der Vergangenheit, immer wieder aufflammen lässt: Echte Begegnung, oft seltsam und immer aufregend, wir hören uns zu und lernen uns kennen. Gegenseitig und gleichzeitig jeder sich selbst ein bisschen mehr. Und diese Momente, ob das jetzt ein Date oder was auch immer ist, sollten besser nie enden, so dachte ich früher, bin heute nicht mehr so sicher, ob ich wirklich in jedem guten Wein noch Sprudelplörre panschen will. Oder ob diese Begegnungen nicht doch eher so sind wie der Song selbst, ohne Längen,  auf den Punkt und nachdem Wesentliches erzählt ist, auch gut zu Ende.

So oder so: Komm gut nach Hause und auch wieder her! Unbedingt.

 

8. Glasvegas- Choices 

Ups, gar nicht so nach vorne, poppig, sonnig, tanzbar und fein aufs Maul wie die Nummern zuvor. Und doch für mich ein glasklarer Song für die Schiebedach- Liste. Erstens funktioniert der Song (von dem ich "leider" online nur live- Versionen fand, wobei leider Quatsch ist, aber ich empfehle trotzdem, die Nummer auf dem sehr großen Album: "Later When The TV..." zu hören und einfach direkt die ganze Scheibe mit dranzuhängen) auch sehr laut im Auto, lautes Mitsingen und große Gesten sind hierbei ebenso ein Muss, wie die Sonnenbrille. Zweitens ist das wohl schottischer Frühling, da liegt schon ordentlich Moll und Melancholie in schweren Nebelschwaden über der Steilküste und macht die Szenerie gerade dadurch so bezaubernd. Und drittens ist der Song textlich eine wunderbare Liebeserklärung an das Leben in Freiheit, an all das, was noch gehen kann, wenn ich mich zwischen dem Hin und dem Her meiner Gerissenheit entscheide. Ich habe die Wahl, hier startet immer wieder etwas Neues. Und dann sind wir ja wieder mittendrin im Frühjahr. Mit sperrangelweit offenem Schiebedach! 

 

9. Chuck Jackson- I Only Get This Feeling

Harter Schnitt. Holt die Tanzschühchen raus und lasst euch gehen! Northern Soul ist für mich dermaßen Sonnen- und Aufbruchmusik, ich weiß nicht, wie ich mich frühlingshafter und lebendiger fühlen könnte als mit klebrigem Hemd beim zigten Song, getrieben von einem unwiderstehlichen Beat, die wunderbar süffigen Texten von Liebe und .... noch mehr Liebe laut mitsingend  und die unverschämt eingängigen Melodien in Bauch und Bein.

Und dann genau diese Nummer... Laut, laut, laut! Und von vorne.

 

10. Bad Religion- Modern Man

Seit ungefähr 25 Frühlingen ist Bad Religion mein unbedingter Begleiter für das Wiedererwachen der Natur und sehr, sehr heißer Kandidat, mit das erste zu sein, was sehr laut mit muss auf Spaziergängen oder Autotouren mit zu früh zu offenem Fenster. Also warum ändern? Und ich bin eben ein "Against The Grain"- Bad Religion- Anhänger, wie ich bei einem "biste... oder...?"- Contest mit meinem Bruder zur Frage welches der großen Alben großer Bands aus unserer Sicht das wichtigste, prägendste sei, neulich rausfand. Also ist die Against The Grain für mich Synonym für Frühling und hat somit nen Stammplatz auf Listen wie dieser. Und warum dann nicht direkt von Anfang an (abgespeichert habe ich sie eh als einen durchgängigen 36 Minuten- Song)? Eben.

 

11. Hop Along- The Knock

Kratzige Frauenstimmen, n bisschen neben dem Beat sind für mich etwas sehr, sehr Lebendiges, Vitalisierendes. Eben wie der Frühling. Schon alleine darum ab auf die Liste damit. Dazu son gradlinig- punkiges, leicht verschrobenes und latent melancholisches  Drumherum und schon bin ich vollends entflammt. Hat bei dieser Nummer genau zwei Zeilen gedauert. Eher der Soundtrack für diese dunklen Wolken, die im April manchmal unvermittelt der Sonne in die Parade fahren. Und dann auch genau so schnell wieder weg sind. Tolle Platte!

 

12. Braid- Killing A Camera

Dieser Song haut mich um. Jedesmal. Eine unbedingte "auf die einsame Insel"- Nummer, selbst, wenn nur drei erlaubt wären... 2:34´ pure Energie, alle Emotionen einmal rauf und auch wieder runter. Oder, um streng im Listensprech zu bleiben: Frühlingsgefühle, da vorne geht das Leben ab: Let´s stop clapping, let´s start doing! 

 

13. Feist- I Feel It All

Apropos Frühlingsgefühle, in den ersten Monaten des Jahres ist ja oft ne Menge los in unserem Leib. Und wie das bei guten Songs oft so ist, hat sich die gute Leslie hier eher nicht den unkomplizierten Freudentaumel ausgesucht, sondern nimmt uns mit auf ne etwas komplexere Emotionsreise. Macht das so nonchalant, souverän und vor allem selbstbestimmt, wie sie es eben kann. Und sie kann das ziemlich gut. Auch Frühlingsstürme wollen gefühlt werden, Kapuze auf, das Herz in beide Hände und dann: Hinein!

 

14. The Get Up Kids- Shorty

Die "Four Minute Mile" ist  ein perfektes Album aus der sehr starken Zeit der Band. Und die "Four Minute Mile" ist das Album, das mich mit Abstand am häufigsten vor allem auf längeren Wandertouren begleitet. Den Bezug zum Titel habe ich dann erst vor ganz kurzem hinbekommen (manchmal dauert sowas halt): Sie ist ein Lauf-, vor allem aber ein draußen- Album und damit total listentauglich. Ach so: Es wird Shorty, weil "Stay Gold, Ponyboy" echt zu traurig (naja, "Shorty" ist jetzt auch kein gute- Laune- Schlager, aber das ist ja von ner Emokapelle auch nicht unbedingt zu erwarten) für die Frühlingsliste ist und nach meiner Überzeugung die Textzeile: "The last time I saw You act like this we where kids" gar nicht oft genug in den Frühlingshimmel gesungen werden kann. Sollten wir uns häufiger dran erinnern, an diese Zeiten, nicht nur im Frühling.

 

15. Zaz-Je Veux

Okay, mein Französisch ist sehr, sehr rudimentär (meinem Französischlehrer sei Dank, der mich und meinen damaligen besten Freund in der Sieben nach einem halben Jahr aus seinem Kurs rausekelte, aber das ist erstens eine andere, und zweitens eine viel zu traurige Geschichte), aber ich kapiere, dass es hier um freien Willen, Leben und Liebe geht geht, also voll im Frühlingsthema. Und vor allem kapiere ich, dass wir da ne Ausnahmekünstlerin beim Tun erleben, die voller Inspiration und Freimut ist, dass es kracht und swingt. Großartig besonders, daher ausnahmsweise hier noch ne zweite Version von dem Song, die Frau gehört mit ihrer Kraft auf die Straße. 

 

16. The Hotknives- Last Song On The Jukebox

Okay, Northern Soul, Punk haben wir schon von den sicheren Frühlings- Genres. Fehlt eigentlich nur noch.... Genau: Ska. Sensationell tanzbar, wuchtig, hier noch mit Calypso- Steeldrums angefeuert, scheint das der perfekte Song für den ersten Cocktail des Jahres, mit den nackten Füßen im Sand, obenrum allerdings noch n Fleece. Aber,  Vorsicht: Wie bei vielen Hotknives- Nummern ist das alles nicht ganz so seicht. Das ganze Album scheint im Schatten einer erheblichen Lebens- und/oder Beziehungskrise entstanden zu sein und wäre damit auch genauso herbsttauglich. In diesem Song steht ein Paar an der Kinder- Kreuzung und nimmt sich einen Augenblick Zeit füreinander. Auch ein Insel- Anwärter, der Song, mich erwischt er jedesmal voll auf die Zwölf.

Warum jetzt also doch auf dieser Liste? Naja, es geht ja letztlich um entstehendes Leben und spätestens, wenn er laut in der Frühlingssonne aus der Autoradiobox schallt, ist eh klar, dass dieser Song hier goldrichtig ist...

Und, programmatisch, wie der der Titel nunmal ebenfalls ist, mache ich damit hier die Kiste zu.  



Ent- Wicklung. Hilfe!

... also Songs gegen das Reißen in den Gelenken und den Schwindel, wenn sich der Blickwinkel plötzlich ändert, die plötzliche Erkenntnis, "Kreislauf" zu haben und all die anderen Wachstumsschmerzen.

... über das eigene Weiterkommen und Scheitern, über Ent- und Ver- Wicklungen, Ideen für das Morgen und Reste aus dem Gestern. 

Kurzum: Songs darüber, dass es ein weiter Weg ist zu uns. Zu mir. Und zu dir. Und dass er sich lohnt.

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 1. Dinosaur Jr- On The Way 

Ein würdiger Starter. Ein mitreißender Song über das Mitgerissenwerden. Darüber, auf deinem Weg am Ende auf dich alleine gestellt zu sein. Mit all der Zuversicht und all dem Schmerz, den das mit sich bringt.

Für diesen Weg ist es notwendig, los zu gehen, was immer auch bedeutet, weg zu gehen von irgendwas und hin zu irgendwas Neuem. Und zwar "all the way," also so lange, bis du ankommst, woauchimmer.. Für mich zudem ein Song, der den Frühling willkommen heißt, der unbedingt laut gehört werden will und dem es auch nicht wehtut, wenn du laut dabei mitsingst!

 

2. The Smiths- There Is A Light That Never Goes Out

Müsste ich entscheiden, welche Band übrig bliebe, wenn alle bis auf eine abgeschafft werden müssten (ich habe manchmal solch seltsamen Gedanken), wären es die Smiths. Alleine schon deshalb gehören sie unbedingt auf eine Playlist über Wachstum. Ich bin mit ihnen groß geworden und sie in mir gleich mit.

Ich bin davon überzeugt: Es braucht dieses "ewige Licht" in uns allen, um weiter zu kommen. Ob das eine Person "da draußen" ist, eine Mission, ein Ziel, eine Idee in mir oder einfach nur die Intuition, das Stimmige, das Richtige zu tun: Mit einem "wofür?" ist das  Leben Sinn- voll, gut ausgeleuchtet und immer in Bewegung. Es ist somit unbedingt notwendig. Morrissey, der alte zynische Romantiker (oder romantische Zyniker?) kramt zwar nen Doppeldeckerbus raus, um sich dahinter zu verstecken, aber so recht gelingts ihm nicht: Das ist schlichtweg ein Song über die Liebe, die uns alle trägt. Und er ist (nicht nur deshalb) wunderbar!

 

3. Amy Winehouse- Tears Dry On Their Own

Tja, auch wenn ichs gerne anders hätte: Ohne Tränen geht das Ganze scheinbar nicht. Ohne Schmerz nicht, nicht ohne Ent- Täuschung und Scheitern. Von der Expertin fürs nicht- Rosige, und für Abgründe gibts dazu nen wahnwitzig coolen Song. Mitten auf den Punkt: "Geht vorbei. Isso. Gucks dir an, halts aus und warte, bis die Woge über dich geschwappt ist. Und dann geh einfach weiter."

Mehr als schade, dass Amy sich offensichtlich nicht so gut selbst zugehört hat. 

 

4. Bad Religion- No Direction

Zugegeben: Kurz hab ich gezuckt und wollte "Change Of Ideas" von Bad Religion auf die Liste setzen. Aber erstens könnte dieser Song (der beste unter-1-Minute-Song aller Zeiten) gefühlt auf jede zweite meiner Listen und zweitens hätte dann dieser tolle Song hier nicht mehr draufgepasst (eherne Regel: ein Song pro Künstler pro Liste, ist ja klar). Greg Graffin ist ein schlauer Mensch und das ist m.E. ein ziemlich privater Song. Darüber, dass wir alle nach Orientierung suchen, diese aber von anderen nicht bekommen werden, so hart das auch manchmal erscheinen mag. Jeder hat seinen Weg. Und da muss Dr. Graffin selbst auch sicher einigen Ego- Verlockungen widerstehen und seinem Studenten und Fan zu verstehen geben: Ich kann dich nicht führen, das musst du schon selbst machen. 

 

5. Eddie Vedder- Rise

Und direkt eine Replik auf die Frage nach der Orientierung auf dem Weg. Sie liefert der ewige Eddie hier für den epochalen Soundtrack zum nicht weniger epochalen Film "Into The Wild" (m.E. war Eddie nie stärker als auf diesem Album): "Gonna rise up and find my direction magnetically." Simple but not easy: Wie die Zugvögel, am unsichtbaren Magnetfeld der Erde orientieren Also: Auf geht´s!

 

6. Texas Is The Reason- Back And To The Left

Dieser Song stammt vom allerallerstärksten Emo- Album aller Zeiten (das dann mit seinem Titel: "Do You Know Who You Are?" auch prima für diese Liste geeignet wäre), schafft es aber vor allem auf die Liste, weils hier darum geht, dass Ehrenrunden, Umwege, Kursänderungen sicherlich unvermeidbar sind auf dem Weg. "Umwege erhöhen die Ortskenntnis" ist so ein weiser Spruch, dass ihm im Netz unterschiedlichste Quellen zugeschrieben werden: Von Vietnam bis Erich Kästner. Und das Beste: Er stimmt vermutlich! Wer allerdings z.B. jemals gewandert ist und nach - sagen wir - 9 km merkt, dass die Erklärung: "Die haben einfach versäumt, den Weg vernünftig auszuschildern" doch nicht greift und sich dann umdrehen muss, dem ist ziemlich bewusst: Sie können sich dabei trotzdem manchmal ziemlich scheiße und falsch anfühlen. Aber spätestens nach der heißen Dusche und dem Ankunftsbier  stellt sich dann mit Abstand oftmals doch das Gefühl von 3:24 ein. Besser umdrehen und ändern als verlaufen!

 

7. Wir sind Helden- Darf Ich Das Behalten

Eine echte Perle aus der besten Helden- Zeit: Judith Holofernes kämpft hier mit ihren Klauen (und ihrer bezaubernden Trollmädchen- Stimme) darum, dass sie ihr Ur- Eigenes behalten kann, nichts ist ihr wichtiger, alles andere ist ersetzbar. Oft ist dieser eigene Kern ganz schön alt, demzufolge auch ganz schön klein (deshalb muss man "es" oft gut suchen) und logischerweise weder besonders perfekt noch ausgesprochen stylish oder "objektiv" wichtig oder schön oder sowas. Ist halt meins. Also: Hände weg!

 

8. Paul Weller- Everything Has A Price To Pay

Ich merke schon, ich krame auf dieser Liste aber auch alle meine Helden aus. Naja, ist meine erste Liste in diesem Stil (und vielleicht auch meine letzte, raunt mir der Teil in mir zu, der schnell Hochmut wittert) und bei so ner Premiere zieht man sich eben auch edel an. Stilsicher, ganz so wie der Modfather. Unabhängig davon spricht der Paule da ´was an, das so trivial wie ätzend anmutet und letztlich dann doch auch entlastend wirken kann: Entscheiden heißt verzichten! Heißt AUCH verzichten. Und bei all den vermeintlichen "Zwickmühlen", die uns dieses Gelebe so präsentiert, ist aus der Nähe betrachtet immer nur eins die Quelle für den tiefen Schmerz und/oder die beharrliche Entscheidungs- Starre: Die Einsicht, dass es die erstbeste Variante (alles möglich, alle glücklich, alle zufrieden, reibungslos, tipptopp, Dankeschönaufwiedersehen) im Prinzip nie gibt. Oder, wie es der nicht weniger coole Gunther Schmidt hier vielleicht sagen würde: "Es geht eh immer nur um das zweitbeste. Aber immerhin." Ach so: Nebenbei ist der Song auch noch toll, was bei Paul Weller aber eh eher ne rhetorische Randnotiz ist.

 

9. The Velvet Underground an Nico- I´ll Be Your Mirror

Vielleicht hat Nico ursprünglich ne andere Intention gehabt, das so zu singen, aber sie spricht hier auch den nächsten Knackpunkt an und meine vielleicht neueste und sicher schmerzlichste Erkenntnis:. Habe, glaub ich, bei Veit Lindau gelesen, dass das Leben "ein Spiegelkabinett" sei, wir uns z.B. in dem ätzenden Verhalten des Gegenüber unsere eigenen ungeliebten Anteile in HD geben. Ist weder sonderlich revolutionär und zudem ziemlich einsichtig, diese Erkenntnis, im Alltag, also "in echt" aber oft genug ne ziemliche Prüfung. Das heißt umgekehrt aber auch, dass da draußen ne Menge Übungsmöglichkeiten warten, Lernchancen, Einladungen zum Tanz mit meinen Gespenstern, Auge in Auge mit mir selbst. Wenn das gelingt, biste direkt drei Level weiter, gewissermaßen die mittlere Tetris- Rakete des eigenen Wachstums.

 

10. Element Of Crime- Weißes Papier

Der Leuchtturm unter den Herzschmerzsongs schaffts nicht auf die Liste, weil ich zu keinem Song mehr geheult, keinen Song lauter und endloser an meine Windschutzscheibe geschrieen habe oder zu keinem Song tiefer im Sitzsack versunken bin (deshalb schon auch, merke ich gerade), sondern wegen der schnöden, entwaffnenden, allumfassenden Textzeile: "Ich werde nie mehr so rein und so dumm sein wie weißes Papier." Ja, wir nehmen die Macken, die wir uns unterwegs abgeholt haben mit auf alle nächsten Etappen, aber auch: Ja, wir müssen nicht immer von vorne anfangen, haben schon ne Menge gelernt und das ist gut so. Also: Ihr könnt das Katzenschütteln getrost einstellen!

 

11. Iggy Pop- Lust For Life

Bevor ich hier vollends in der Problemtrance versinke, reißt mich der drahtige Überlebenskünstler Iggy Pop energisch raus: Wir machen das Ganze freiwillig! Weils toll ist: Es ist großartig und Lust- voll, zu leben. Lohnt sich also!

 

12. Björk- Human Behaviour 

Die Starparade geht weiter. Björk ist biographisch einer meiner ersten Versuche, mein Eigenes zu behalten: Ihre Musik sprang mich zu einer Zeit an, als es mir eigentlich unmöglich war, mir irgendwas nicht- Grungiges, nicht- Punkiges um die Ohren wehen zu lassen. Naja, Björk war da halt die Ausnahme, hat mich gleich erreicht  und ich konnte erstaunlich gut aushalten, dass meine Leute die Musik total "drüber" fanden. Ist sie auch. Gut so. Aber zurück zu diesem Song: Alleine mit Logik kommste nicht weit, dieses manische Verstehen- Wollen ist folglich überschätzte Einbahnstraße. Der Schlüssel liegt laut Frau Gudmundsdottir im Austausch von menschlichen Emotionen, der "ever so satisfying" sein kann. Und ich stimme ihr zu (mit der Einschränkung, dass er manchmal auch ziemlich unsatisfying daher kommen kann). Es helfen weder Karte, noch Kompass, also: Get involved!

(welch bezauberndes Video, das hatte ich total verdrängt)

 

13. BOY- This Is The Beginning

Und manchmal heißt es vielleicht wirklich: Alles auf Neustart. Falls das dann der richtige Schritt sein sollte, gibts hier die ebenso bezaubernde wie pragmatische Gebrauchsanweisung. Mit offenen Augen und entschlossenem Herzen durch das Neue eilen, achtsam sein für die Farben, Formen, Zeichen, die dir begegnen. Dein Herz ist der Rahmen, deine Sinne die Kamera. Poetischer kann mans wohl nicht sagen. Es ist dein Film! Also: Action!

 

14. Tocotronic- Ich Möchte Irgendwas Für Dich Sein

So, mach jetzt mal vorerst die Bude zu hier. Mit 27 hab ich den Song als verstörend, entlarvend, anklagend und dadurch als durchweg deprimierend gehört, heute überwiegt das Beruhigende und das Tröstliche. Das "nur" verwandelt sich langsam von einer reinen Abwertung in einen Aufruf zum puren Ich- Sein. Ob ich mich mit vielen meiner Macken auch viel zu oft sperrig, kompliziert, spießig, ängstlich, schwach, kleinlich oder wasauchimmer erlebe: Alles, was mich ausmacht, kann ich in den Ring werfen, nicht mehr, aber auch keinen Deut weniger.



Ideen/Wünsche für weitere Playlists gerne hier rein:

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